Schach isst teuer

Schach ist mehr als 1500 Jahre alt und erfreut sich großer Beliebtheit bei mehr als 600.000.000 Menschen weltweit. Aber das Spiel ist nicht ohne Kontroversen.

Ist es ein Sport, wie das IOC meint?
Weshalb die Trennung in „weiblich“ und „männlich“?

Das Dunkel um diese und weitere Fragen versucht Autor Sum Einhundertacht auf seine wie üblich schonungslose, humorvolle Art und Weise von allen Seiten zu beleuchten.

0. Präambel

0.0 Schach!

a) Wie viele Schach-Weltmeister:innen können Sie benennen?

b) Und wie viele Medizin-Nobelpreisträger:innen?

0.1 Vorwort

Seit Jahrhunderten spielen Menschen weltweit Schach. In den Anfängen vor circa 1500 Jahren nur wenigen bekannt, beherrschen heute rund 600.000.000 Spielende das Ballett der 32 Figuren – und lassen es schnell zu einem Royal Rumble werden.

Spielende treffen sich im Café, im Club, im Park, während der Pause oder zuhause. Seit den 1990ern sind physische Grenzen nicht mehr vorhanden: Man trifft sich eben beim Online-Schach.

Die Formel 1 des Schachs begegnet sich bei (inter)nationalen Turnieren und Weltmeisterschaften.

Die Schachgesellschaft Trier 1877 e.V. ist die älteste Schachver­einigung meiner Geburtsstadt und argumentiert auf ihrer Webseite, Schach sei „mehr als nur ein Spiel“:

+ Generationen übergreifend

+ Schichten übergreifend

+ kostengünstig

+ weltweit gespielt (ca. 600 Millionen beherrschen es)

+ offline und online

+ kulturell bedeutsam – es gebe mehr Bücher über Schach als über alle anderen Sportarten zusammen

+ voll reicher Geschichte

+ Sportliche Wettkämpfe in nahezu allen Alters- und Spielstär­ke-Klassen

Außerdem sei es „pädagogisch wertvoll – Schach fördere u.A.“:

+ Konzentration

+ Ausdauer & Selbstkontrolle

+ Problemlösungs-Konzept

+ Verantwortungsbewusstsein für Handlungen

+ Fähigkeit zur Selbstkritik

+ Gedächtnis Kausales / Analytisches Denken

+ Kreativität

+ Empathie

+ soziale Kompetenz

0.2 Zielsetzung

Es soll nachfolgend versucht werden, jede dieser Behauptungen zu bestätigen oder zu widerlegen.

Des weiteren soll versucht werden, die Konsequenzen aus mehre­ren Jahrhunderten Schachspiel-Wettkampf zu benennen.

Schließlich sollen verschiedene Aspekte um Schach und Spielen­de beleuchtet werden – ohne dass in einem Vortrag von einer Stunde ein Anspruch auf Vollzähligkeit erhoben werden kann. (Einige Links führen zu englischsprachigen Zielen.)

Der Autor wird sich seiner literarischen Damen Übertreibung, Metapher und Zuspitzung bedienen – im Tag Team mit den Königen unserer Spezies: Wissensstand und Humor.

1. Einleitung

1.1 Anfänge

Das Schachspiel ist mindestens 1500 Jahre alt. Beeinflussende Ursprünge reichen zeitlich sicherlich noch weiter zurück. Eine sach­liche Dokumentation ist jedoch an die Zeit verloren und auf das Wiedergeben legendärer stiller Post soll hier verzichtet werden.

Das persische Chatrang und das auf diesem aufbauende arabi­sche Schatrandsch gaben dem heutigen Schach die ersten Formen. Spielfeld und Grundprinzip bleiben seitdem gleich. Figuren und de­ren Wirkung wurden mehrfach verän­dert.

Die sassanidischen Erfinder ließen sich vermutlich von Men­schenkenntnis und Philosophie beeinflussen. Hilfreich waren zudem kultureller und gesellschaftlicher Reichtum: Wer nicht ständig arbei­ten und oder Krieg führen muss, kann sich Freizeit leisten.

Diese Faktoren ermöglichten es, ein Spiel in die Welt zu setzen, das auf einfachsten Prinzipien aufbaut und somit schnell die Gunst der Menschen erwarb: Eine Seite zieht, dann die andere. Aber nicht der Weg ist das Ziel. Es sagte Signore Trapattoni:

«Mussen alleine de Spiel gewinne! (02:42f)»

1.2 Verbreitung

Im achten und neunten Jahrhundert wurde das Schachspiel zum Einwanderer in die Sozialsysteme Europas. Aus dem frühen zehnten Jahrhundert überlebt eine erste Erwähnung „Verse vom Schach“, 98 Strophen eines unbekannten Dichters. Die ersten Zeilen sollen hier in einer Übersetzung aus dem Jahre 1876 wiedergegeben werden:

 

Ists Dir vergönnt, die Sorgen wegzuthun,

Am Spiel Dich zu ergötzen, nun, da ist

Eins wohl, das Deinen Sinn erfreuen mag.

 

Willst Dus vernehmen, ei, so lenk hieher

Des Herzens Schritt: dann wird gewiss von dem,

Was Dir gefällt, dies Spiel das erste sein.

 

Kein Trug ist da, kein ränkevoller Meineid,

Nicht Faust und Stahl befürchtet da Dein Leib.

Hier brauchst Du nichts zu zahlen und auch Keinen

 

Zwingst Du dazu: auch kein verschlagner Gegner

Belauert Dich aus finsterm Hinterhalt.

Denn was an Fehl des Würfels Fall verschuldet,

Fern ist es diesem einfach schlichten Spiel.

 

1.3 Wandel in der frühen Neuzeit

Im späten 15. Jahrhundert erlebte Schach eine Wiederbelebung. Sei es durch neue Begeisterung, Regeländerungen oder beides, im katalanischen Valencia entstanden wichtige Bewegungen, die das moderne Schach nachhaltig beeinflussen würden. Francesc Vicent veröffentlichte 1495 das erste gedruckte Schachbuch. Um das Jahr 1500 entstand zudem die Göttinger Handschrift, eine in lateinischer Sprache verfasste Abhandlung über Schach. 1512 erschien in Rom Damiano de Odemiras grundlegendes Schachlehrbuch.

1575 fand das erste internationale Schachturnier in Europa statt, bei dem sich der Italiener Giovanni Leonardo da Cutri gegen drei starke Spieler durchsetzen konnte.

Das Schachspiel hatte seinen Platz in der Kultur Europas er­obert. 1616 wurde Gustavo Selenos „Schach- oder König-Spiel“ ge­druckt. Wolfgang von Kempelen baute im Jahre 1769 den mechani­schen Schachspieler, auch bekannt als Schachtürken.

Wir sollten den Begriff nicht „canceln“, sondern als Erinnerung an die Zeit bewahren. Ebenso schmälern die Hexenmorde August II. seinen Beitrag zum Schach nicht. Trüben die Cottingley-Feen das Werk Arthur Conan Doyles – oder eher seine Person? Wie würden wir mit einem offen antisemitischen Schach-Weltmeister umgehen?

Lassen Sie uns gemeinsam die Vergangenheit beobachten und uns – jeder Mensch für sich selbst – in der Gegenwart entscheiden, wie unsere Zukunft aussehen soll. Sie sind kein Zugzwang.

1.4 Schach heute

Der Siegeszug des Schachs ist seitdem auch mit wirklich witzi­gen Wortspielen nicht mehr aufzuhalten. 18 hat man immer. Zahl­reiche Begriffe sind in den allgemeinen Wortschatz migriert. So kön­nen im Fußball Verteidiger geschickt rochieren, Boris war ein „Kas­parow des Tennis“ und DJ Böhmermann featuring MC Podolski ga­ben uns „Fußball ist wie Schach – nur ohne Würfel“. Eben das ist Schach: Manchmal gewinnt der Bessere.

Spätestens seit Fischer-Spasski 1972 sind Schach-Weltmeister­schaften viel beachtete Veranstaltungen. Werbetrommel und Ein­schaltquoten machen es möglich. Exzentrische Persönlichkeiten mö­gen dadurch keine Vorteile am Brett erzielen, doch bei der Vermark­tung hilft es ungemein. Wie für die Werbung gilt: Es gibt keine schlechte Publicity.

Die Anzahl der Spieler:innen, gespielte Stunden, Partien und Turniere – alles steigt weiter an. Schach ist groß, Schach ist mäch­tig, auf jedem Grad unserer 360. [...]

 

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